Einfach wegräumen

„Unerträgliche Zustände“ sollen in den Kreuzberger Orten herrschen, in denen sich zur Zeit Flüchtlingsaktivist*innen aufhalten, schreibt die Berliner Zeitung. Für wen eigentlich sind diese Zustände unerträglich?


Position beziehen in Fragen von Menschenrechts- und Flüchtlingspolitik? Lieber nicht. Die Berliner Zeitung macht sich in der Angelegenheit „Flüchtlinge am Oranienplatz und in der Gerhart-Hautmann-Schule“ zum Sprachrohr einer Politik, die mit der Tatsache, dass Menschen ohne größere Chancen, an ihrer Situation etwas zu ändern, sich selbst überlassen werden, nur einen Umgang kennt: diese Menschen selbst zum Problem erklären – traumatisierte, hilfsbedürftige Statuslose gemäß der deutschen Politik und damit ohne Anspruch auf öffentliche Unterstützung. Die Umstände – ein öffentliches Gebäude, was allmählich auf seinen Abriss zusteuert, für das sich die Stadt nicht für zuständig hält, Armut, nicht funktionierende sanitäre Anlagen, darüberhinaus Ratten im Hinterhof und überquellende Mülltonnen – diese wiederum vollkommen gewöhnliche Berliner Zustände – stellen beispielsweise Andrea Beyerlein und Annett Heide dar, als wären sie gleichwertige oder nachrangig zu betrachtende Faktoren. Das selbst ein Kommentar wie der von Beyerlein am 3. September 2013 den Gedanken, dass die Bürgermeisterin Monika Herrmann vielleicht dafür Sorge tragen sollte, das ehemalige Schulgebäude winterfest zu machen, um wenigstens eine Mindestmaß an Schutz für die dort lebenden Menschen zu gewährleisten, um die Option ergänzt wird, die Schule räumen zu lassen, ist beschämend. Wer sich in einem journalistischen Format eindeutig positionieren kann, muss keine solche Alternative hintenanstellen. Der schale Nachgeschmack ist der des unkritischen und rassistischen Normalzustands, in dem Menschen, „von denen man nicht weiß, woher sie kommen“ als störend und „gefährlich“ empfunden werden und die deshalb doch am besten aus dem Blick „geräumt“ werden sollten.