Rezension in der Analyse & Kritik vom 17.11.2015:
In der linken Szene ist das Bestreben nach einem generationenübergreifenden Austausch eher selten anzutreffen. Das Buch »dabei geblieben« bildet da eine Ausnahme. Es enthält 25 Interviews mit älter gewordenen linken Aktivist_innen. Darin hat nicht nur Selbstvergewisserung ihren Platz, sondern auch eine ganze Menge Zweifel. Dass die Autorin sich nicht mit Definitionen aufhält, verleiht dem Buch eine gewisse Leichtigkeit. Zugleich bleibt unklar, nach welchen Kriterien die Interviewpartner_innen ausgewählt wurden, wie »Alter« und »alt werden« definiert werden und vor allem: was eigentlich als links gilt. Die großen Brüche in der bundesrepublikanischen Linken werden nicht skizziert, und auch die Interviewpartner_innen berichten kaum davon. Der Subtext vermittelt eine – von der Autorin selbst angezweifelte – Anerkennung des »dabei Bleibens«. Wichtig wäre jedoch nicht nur ein zweiter Band »nicht dabei geblieben«. Auch linke Inhalte und Entwicklungen müssten infrage gestellt werden. Zu den Beweggründen derer, die sich aus linken Milieus entfernen, gehört schließlich nicht nur ihre berechtigte Kritik an der Szene-Borniertheit, sondern auch die Infragestellung von Inhalten und Konzepten. Auch das trotzige Dabeibleiben kann zum Problem werden, sofern die Fähigkeit zur eigenen Reflexion und Veränderung abhanden kommt. Insgesamt liefert der Band vielfältige und durchaus unterhaltsame Einblicke in den Zusammenhang von Biografie und Aktivismus.
Johannes Spohr
Rehzi Malzahn (Hg.): dabei geblieben. Unrast Verlag, Münster 2015. 256 Seiten, 16 EUR